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Rudolf Steiner

Ergebnisse der Geistesforschung

GA 62 (Vortrag vom 31. Oktober 1912)

Wie widerlegt man Geistesforschung?

          Wie in den verflossenen Wintern werde ich mir gestatten, im Laufe dieses Winterhalbjahres eine Anzahl von Vorträgen über Geisteswissenschaft hier an diesem Orte zu halten. Aus dem Programm wird ersichtlich sein, daß diese Vorträge sich zuerst auf das erstrecken sollen, was die Geisteswissenschaft von ihrem Gesichtspunkte aus über die Fragen des Lebens vorzubringen hat, daß dann der Übergang gemacht werden soll zur Beleuchtung einiger wichtiger Kulturerscheinungen, hervorragender Kulturtatsachen und hervorragender Persönlichkeiten der Vergangenheit, wie etwa Raphael, Leonardo da Vinci, – und daß zulegt noch die Beziehung, das Verhältnis der Geisteswissenschaft zu mancherlei Erscheinungen im unmittelbaren gegenwärtigen Geistesleben beleuchtet werden soll. Heute sollen diese Vorträge in einer eigenartigen Weise begonnen werden. Es soll im Eingange nicht das vorgebracht werden, was zur Erhärtung und zur Bekräftigung dieser Geistesforschung gesagt werden kann, sondern im Gegenteil das, was an möglichen, an bedeutungsvolleren Einwänden gegen diese Geisteswissenschaft aufgebracht werden kann.

          Es liegt in der Natur der Tatsachen, daß diese Geistesforschung in unserer Gegenwart infolge des Standes unserer Zeitbildung und infolge mancherlei anderer Tatsachen viele Gegnerschaft nach sich zieht. Aber nichts wäre gerade dieser Geisteswissenschaft unangemessener, als wenn sie in Fanatismus verfallen würde und sozusagen nur das sehen wollte, was von dem Gesichtspunkte ihrer Vertreter an Gründen für sie aufgebracht werden kann. Fanatismus muß gerade - und wir werden sehen, aus welchen Gründen dieser Geistesforschung völlig fern liegen. Daher muß sie mehr, als dies vielleicht von irgend einem anderen Standpunkt aus nötig ist, darauf bedacht sein, die Einwände ihrer Gegner zu verstehen, ja, sie muß sie in einem gewissen Sinne geradezu tolerieren; und begreiflich muß es ihr erscheinen, daß eine ganze Anzahl gerade ehrlicher Wahrheitssucher der Gegenwart nicht mit ihr gehen können. Es ist ja meine Gewohnheit gewesen – die verehrten Besucher der früheren Vorträge werden das wissen, und diese Gewohnheit soll auch in der Folge fortgesetzt werden –, bei den einzelnen Vorbringungen zugleich auf die möglichen Einwände Rücksicht zu nehmen. Heute sollen sozusagen bedeutungsvollere, gewichtigere Einwände vorweg genommen werden. Denn Einwände gegen das, was von dem Standpunkte der Geistesforschung zu sagen ist, ergeben sich wahrlich nicht bloß von den Gegnern her, sondern bei einem gewissenhaften Betriebe der Geistesforschung fühlt sich die Seele, die einem solchen Betriebe hingegeben ist, auf Schritt und Tritt selber vor diese möglichen Einwände gestellt. Und weil ja die Wahrheiten der Geistesforschung in der Seele errungen, erkämpft werden müssen, so muß die Seele in einer gewissen Weise dem Gegner in bezug auf solche Einwände, die in der Seele selbst geltend gemacht werden, auch gewachsen sein, und viel besser wird man auf diesem Gebiete fortkommen, wenn man sich von vornherein darüber klar ist, was alles eingewendet werden kann.

          Nun soll es allerdings nicht meine Aufgabe sein, auf diejenigen Einwände oder angeblichen Widerlegungen hier einzugehen, welche sozusagen auf der Straße gefunden oder aus den Fingern gesogen werden können; sondern es soll auf die Einwände Rücksicht genommen werden, die man sich als ehrlicher Wahrheitsucher aus unserer Zeitbildung, aus den Grundlagen unserer geistigen Gegenwart heraus selber machen kann und in einem gewissen Grade sogar machen muß. Auch nicht auf die Einwände gegen gar mancherlei soll eingegangen werden, was sich heute oft Geistesforschung oder Theosophie nennt; denn von vornherein soll zugegeben werden, daß man mit vielem – namentlich in der Form – was heute als „Theosophie“ auftritt, nicht gerade Staat machen kann. Aber das, was hier vertreten wurde und vertreten wird, das soll in meinen heutigen Einwänden berücksichtigt werden. Wenn wir uns aber auf solche Einwände einlassen wollen, so muß mancherlei von dem, was schon im Laufe der vorhergehenden Zyklen gesagt worden ist, und was in den nächsten Vorträgen noch zur Sprache kommen wird, gleichsam „im Umriss“ vor die Seele gerückt werden. Kurz wollen wir uns also darüber verständigen, was unter Geistesforschung nach ihrem Inhalte und ihren Quellen hier gemeint ist.

          Zunächst kann man ganz im allgemeinen Geisteswissenschaft dadurch charakterisieren, daß man sagt: Die Geisteswissenschaft stelle sich auf den Standpunkt, daß sie über alles, was der Mensch durch seine Sinne wahrnimmt, was er mit einer Wissenschaft zu ergründen vermag, die vorzugsweise auf die Sinne und auf den Verstand gebaut ist, der aus den Sinnen seine Schlüsse zieht, – daß sie über alles dieses hinaus schreiten muß zu den geistigen Ursachen der sinnlichen und durch den Verstand erforschbaren Tatsachen, so daß sie überall hinter diesen sinnlichen Tatsachen eine geistige Welt nicht nur annimmt, sondern zu beweisen versucht; eine geistige Welt, in welcher die Ursachen zu alledem liegen, was die Sinne sehen und der Verstand erforschen kann. Von mancherlei anderen Geistesrichtungen der Gegenwart und der Vergangenheit unterscheidet sich diese Geisteswissenschaft dadurch, daß sie nicht nur im allgemeinen, etwa hypothetisch behaupten will, es gäbe über den Verstand und die Sinne hinaus eine geistige Welt, sondern daß sie davon ausgeht: der Mensch sei imstande, seine Erkenntniskräfte, seine Seelenkräfte so auszubilden, so zu entwickeln, daß sie in eine geistige Welt hineinzuschauen vermögen – wozu sie ohne diese Entwicklung nicht fähig sind. Also nicht nur die Möglichkeit einer geistigen Welt, sondern die Erkennbarkeit einer geistigen Welt, ist das Eigentümliche dieser Geistesforschung oder Anthroposophie, wenn wir sie so nennen wollen. Daß man mit der Eigenart der Seelenkräfte und mit den Eigenschaften der Erkenntniskräfte, wie sie der Mensch zu seinem gewöhnlichen Tagesgebrauch – wenn wir so sagen dürfen – besitzt, nicht in die geistige Welt hineindringen könne, das wird von vornherein zugegeben. Daß es aber richtig sei, daß diese Erkenntniskräfte unentwickelbar seien, daß sie sich nicht dazu entfalten könnten, um nach ihrer Hinauforganisation zu diesem höheren Standpunkte in eine geistige Welt hineinzuschauen – wie die Augen in die Sinneswelt hineinschauen –, das bestreitet die Geisteswissenschaft. Damit stehen wir aber schon an den Quellen dieser Geistesforschung. Diese Quellen ergeben sich der Seele, wenn diese Seele durch innerliche Arbeit, durch innere Entwicklung – und oft wurde hier von den Methoden dieser inneren Entwicklung gesprochen – sich selber zu einem höheren Standpunkte ihrer Anschauung hinaufarbeitet. Dann steht zu der Sinneswelt, die uns umringt, – so zeigt die Geisteswissenschaft – eine andere da, eine geistige Welt, von der die wahren Ursachen aller Erscheinungen der Sinneswelt ausgehen.

          Durch die Erforschung der geistigen Welt kommen wir aber dazu, den Menschen als ein viel komplizierteres Wesen anzusehen, als er es für die gewöhnliche sinnliche oder verstandesmäßige Anschauung ist. Wir kommen dazu, den Menschen als ein viergliedriges Wesen anzusehen. Dasjenige, was man den physischen Leib nennt, betrachtet die Geistesforschung nur als einen Teil der gesamten menschlichen Wesenheit. Diesen physischen Leib kann das gewöhnliche Sinnesleben beobachten, kann der Verstand begreifen; dieser Sinnesleib ist der Gegenstand der gewöhnlichen Wissenschaft. Für einen großen Teil unserer heutigen Zeitanschauung ist dieser physische Leib die Gesamtheit der menschlichen Wesenheit. Für die geisteswissenschaftliche Forschung ist er nur ein Teil unter vier Gliedern dieser menschlichen Wesenheit.

          Über diesen physischen Leib hinaus unterscheidet die Geistesforschung den so genannten Ätherleib oder Lebensleib, der dem physischen Leibe eingegliedert ist. Aber nicht so spricht sie von diesem Ätherleib oder Lebensleib, wie wenn er bloß dem Verstande erschlossen wäre, sondern so, daß die entwickelten Seelenkräfte ihn zu schauen vermögen, wie das entwickelte Auge die Farben Blau oder Rot schauen kann, während das farbenblinde Auge diese Farben nicht schauen kann. Und sie spricht dann davon, daß sich die notwendige Folgerung ergibt, daß der physische Leib durch die ihm eigenen Kräfte mit dem Tode selbstverständlich zerfällt, weil die Kräfte, die dem physischen Leibe angehören, seine Zersetzung, seinen Zerfall bewirken und nur dadurch zusammengehalten werden, daß während der Zeit des Lebens zwischen Geburt und Tod diesem physischen Leibe der Ätherleib oder Lebensleib eingegliedert ist, der als ein fortwährender Kämpfer, gegen den Zerfall des physischen Leibes da ist. Erst wenn mit dem Momente des Todes die Trennung von dem Ätherleibe eintritt, folgt der physische Leib seinen eigenen Kräften, die aber dann, weil sie in ihrer Eigenart wirken, seine Zersetzung hervorrufen. Den physischen Leib hat der Mensch gemeinschaftlich mit der ganzen mineralischen, unlebendigen Welt; den Ätherleib hat er gemeinsam mit allem Lebendigen, mit der ganzen Pflanzenwelt.

          Dabei kann aber die Geisteswissenschaft noch nicht stehen bleiben. Sie erkennt noch ein drittes Glied der menschlichen Wesenheit an, das so selbständig ist wie der physische Leib. (An Ausdrücken braucht man sich dabei nicht zu stoßen; sie werden noch zur Erklärung kommen und sind zum Teil schon erklärt worden.) Als drittes Glied wird der astralische Leib unterschieden. Er ist der eigentliche Träger der Leidenschaften, Begierden, Triebe, Affekte, also alles dessen, was wir unser Seelenleben nennen, was im Innern verläuft. Und von diesem astralischen Leibe unterscheiden wir in der Geistesforschung dann wieder den eigentlichen Ich–Träger. Während der Mensch den astralischen Leib mit allem gemeinschaftlich hat, was z. B. in der tierischen Welt Affekte, Leidenschaften usw. und ein inneres Vorstellungsleben entwickeln kann, hat er als die Krone seiner Eigenheit den Ich-Träger als das vierte Glied seiner Wesenheit für sich. In dem physischen Leib, in dem Äther- oder Lebensleib, in dem astralischen Leib und in dem Ich-Träger liegt des Menschen Wesenheit zunächst für die Geistesforschung.

          Weiter erzeugt sich für den, der in die geistige Welt einzudringen vermag, die Erkenntnis, wie sich ein großer Teil unserer Lebenszustände, denen wir unterworfen sind, von dem gewöhnlichen Leben unterscheidet: nämlich das Schlaf-Leben. Der Schlaf unterscheidet sich für den Geistesforscher von dem wachen Leben dadurch, daß beim schlafenden Menschen der Ich-Träger und der astralische Leib des Menschen abgetrennt werden von seinem Ätherleib und physischen Leib; die beiden letzteren bleiben während des Schlafes wie ein pflanzliches Gebilde im Bette liegen; der Ich-Träger mit dem Astralleib und mit den Affekten, Trieben, dem Vorstellungsvermögen usw. bewegen sich dagegen während des Schlafes aus dem physischen Leib und Ätherleib heraus und entfalten in einer für sich bestehenden geistigen Welt dann ein eigenes Leben. Nur ist für den heutigen normalen Menschen, wenn Ich und Astralleib im Schlafe für sich sind, das gewöhnliche Leben unmöglich, weil dieser Astralleib und das Ich keine Organe haben, um die Umwelt wahrzunehmen, nicht Augen und Ohren haben wie der physische Leib. So ist es unmöglich, daß Astralleib und Ich die Welt wahrnehmen, in der sie dann sind. – Darin besteht gerade die höhere Entwicklung der Seele, daß Astralleib und Ich fähig werden, Organe auszubilden, um ihre Umgebung wahrzunehmen, und daß dadurch für den Geistesforscher ein Zustand eintreten kann, in welchem er die geistige Welt wahrnimmt. So daß er dann außer dem Wachzustand und dem Schlafzustand noch einen wachen Schlafzustand hat – wenn wir ihn so nennen dürfen –, der gerade derjenige Zustand ist, in welchem er die geistige Welt wahrnehmen kann, der der Mensch seinem eigentlichen Ursprunge nach angehört. So versucht die Geisteswissenschaft aus den geistigen Tatsachen heraus den Übergang des Menschen zwischen je vierundzwanzig Stunden in Wachen und Schlafen zu erklären.

          Das Weitere für die Geisteswissenschaft ist, daß sie an das große Rätsel von Tod und Leben herantritt, d. h. mit anderen Worten an die Frage, die das Menschenherz so bewegt: an die Frage nach der Unsterblichkeit des Menschen. Da kommt die Geisteswissenschaft dazu, daß das eigentliche geistige Wesen des Menschen nicht etwa nur ein Ergebnis seiner physischen Organisation ist, sondern eine selbständige, einer geistigen Welt angehörende Einheit und Wesenheit, welche sich den physischen Leib aufbaut, welche vor der Geburt – ja, vor der Empfängnis existiert und von dem ersten Momente, wo der Mensch als Keimzelle ins Dasein tritt, an seinem Organismus aufbauend wirkt. Es ist dies - mit anderen Worten – das Geistig-Seelische, das eigentlich Tätige und Aufbauende, das den Menschen durch sein Leben hindurch organisiert, das nur die Früchte seiner Lebenserfahrungen durch das Tor des Todes hindurch trägt, und das mit dem Tode in eine geistige Welt übergeht, um dann weitere Erlebnisse zu haben, und das sich dann einen neuen physischen Leib für ein weiteres Leben organisiert, um ein neues Leben durchzumachen und den Zyklus zu wiederholen. Mit anderen Worten: die Geisteswissenschaft spricht von wiederholten Erdenleben, spricht von wiederholten Erdenleben so, daß wir von unserer gegenwärtigen Verkörperung innerhalb des Sinnendaseins zurückblicken zu anderen Verkörperungen in der Vergangenheit, daß wir aber auch in die Zukunft blicken zu späteren Verleiblichungen unserer Wesenheit. So daß wir das Gesamtleben des Menschen teilen in ein Leben zwischen Geburt und Tod und in ein anderes, welches für die Sinne und für den Verstand rein geistig verläuft zwischen dem Tode und der nächsten Geburt. Aber nicht in einer ewig wiederkehrenden Art stellt sich die Geisteswissenschaft dies vor, sondern so, daß sie in diesen Wiederholungen nur Zwischenzustände anerkennt, das Gesamtleben des Menschen aber auf ein ursprüngliches Geistiges zurückführt, welches allem Leben, vor allem unserem Planeten, vorangegangen ist. So daß die Erdenleben einmal einen Anfang genommen haben, als der Mensch aus einem rein geistigen Dasein heraustrat, und dass, nachdem sich einst die Bedingungen erfüllt haben werden, der Mensch wieder in rein geistige Zustände eintreten wird, welche in sich die Früchte alles dessen enthalten werden, was der Mensch durch die verschiedenen Erdenleben durchgemacht hat. – Das ist allerdings nur ein Umriss, der in den kommenden Vorträgen mit einzelnen Farben ausgefüllt werden soll, der aber zeigen kann, zu welchen Ergebnissen eine geisteswissenschaftliche Forschung kommt.

          Wenn wir uns dieses ganze Tableau vor Augen stellen, dann muss man allerdings sagen: Für einen großen Teil der denkenden Menschheit unserer Tage wird dieses Bild nicht nur etwas Unverständliches, Unbeweisbares, sondern vielleicht sogar etwas Verlegendes haben, etwas sogar, was Ironie, Hohn und Spott herausfordern kann. Schon wenn von dem Wesen der Geisteswissenschaft gesprochen wird, muß der Mensch, der alles für ihn Wichtige heute auf den rechten Boden der Wissenschaft beziehen will, gewichtige Einwände machen. Der Mensch, der auf diesem Boden der Wissenschaft steht, muss sich sagen: Was bedeuten einer solchen Vorbringung gegenüber alle die großen - nicht nur einzelnen Errungenschaften der Wissenschaft,- sondern was bedeuten denn die wissenschaftlichen Methoden, was bedeutet gegenüber der Geistesforschung der Ernst, die Würde, die Exaktheit, was bedeuten alle die Anstrengungen, welche die Wissenschaft in den letzten Jahrhunderten und Jahrzehnten gemacht hat, um zu einer Sicherheit, zu einer objektiven Sicherheit zu kommen? Es will die Geistesforschung selbstverständlich nicht etwa gegen die Wissenschaft arbeiten, – das ist oft betont worden –, sondern im vollen Einklange mit der Wissenschaft stehen. Daher muß sie sich bewusst sein, was die Wissenschaft gegen sie einzuwenden hat, nicht nur von ihrem Inhalte aus, sondern namentlich von ihrem Ernste und ihren Errungenschaften der legten Jahrhunderte aus.

          Da kann man mit Recht sagen, es werde von der Geisteswissenschaft darauf hingewiesen, dass diese Quellen der Geistesforschung in einer gewissen Entwicklung der Seele liegen, indem die Seele gewisse innere Vorstellungs-, Empfindungs- und Willensprozesse durchmacht, das durchmacht, was man Meditation nennt, so daß sie dadurch innere Erlebnisse hat, die natürlich rein beschränkt sind auf die eigene Seele, die kein anderer kontrollieren kann, als der sie selber erlebt, und dann wird so etwas durch nichts zu Kontrollierende als wissenschaftliches Resultat über die geistigen Welten hingestellt. Wo bleibt – kann die Wissenschaft sagen – das, was gerade die schönste Errungenschaft dieser Wissenschaft ist, daß sie durch die Forschungen der legten Jahrhunderte nur das gelten läßt, was von jedem Menschen objektiv und überall und zu jeder Zeit kontrolliert werden kann? Das äußere Experiment, die äußeren Beobachtungen haben die Eigentümlichkeit, daß jeder an sie herangehen kann; nicht so dasjenige, was im Innern errungen und erkämpft wird. Und wenn man auf Menschen hinblickt, die so in ihrem Innern erleben, zeigt sich denn dann nicht an der großen Mannigfaltigkeit dessen, was sie fortwährend an Widerspruchsvollem zum Ausdruck bringen, das ganz Unsichere, wie wenig die Erlebnisse übereinstimmen, die durch ein mystisch vertieftes Bewußtsein gegeben werden? Und wie müssen dagegen die Forschungen übereinstimmen, welche die einzelnen Forscher in der Klinik, im Laboratorium usw. machen! Man wird darauf hinweisen, daß dies gar nicht anders sein könnte, so daß also das, was der Mensch subjektiv erlebt, sich dadurch als unwissenschaftlich zeigt, und dies besonders auch deshalb, weil es durch keinen Anderen kontrolliert werden kann, da der Andere nicht hineinschauen kann in die Seele des betreffenden Geistesforschers.

          Und weiter: haben nicht diese Erlebnisse der Seele – kann man sagen – eine volle Ähnlichkeit mit alle dem, was nachweislich aus irgend welchen krankhaften Zuständen, aus Übertreibungen der Seele, in der Ekstase usw., in der Seele erlebt wird ? Und wenn der Geistesforscher einwendet, daß er ja nicht gewillt ist, jede beliebige Vision, die in der Seele auftritt, als Forschungsergebnis gelten zu lassen, sondern daß er nach bestimmten Methoden vorgeht, dann kann man doch einwenden – und dieser Einwand erscheint durchaus berechtigt: Ja, zeigt es sich denn nicht bei allem, was die Menschen durch Illusionen, Halluzinationen usw. erleben, daß solche Menschen, wenn sie derartigen Seelenzuständen ausgesetzt sind, einen viel größeren Glauben an ihre fixen Ideen, an ihre Halluzinationen und Visionen entwickeln als an das, was ihnen äußerlich die Sinne geben, oder was ihnen der Verstand aufdrängt? Wenn man auf den starren und unbeugsamen Glauben der Illusionisten hinblickt, so muß man bedenklich werden gegenüber dem, was der Geistesforscher aus den Tiefen seiner Seele heraufholen will als etwas, was nicht eine Illusion ist, was einen objektiven Bestand in der geistigen Welt haben soll. Es kann – so könnte man sagen – so etwas sein, was einen objektiven Bestand in der geistigen Welt hat; aber gegen die Gültigkeit eines solchen Seelen-Experimentes muß gesagt werden, daß der Illusionist zu seinen Wahnideen ein eben solches Vertrauen hat, wie es der Geistesforscher zu seinen Forschungsresultaten hat, die er dem verdankt, was aus den Tiefen der Seele heraufkommt.

          Nur der, der die Entwicklung der objektiven Forschung, der – wie man sagen kann – gesunden Wissenschaft der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte nicht mitgemacht hat, kann etwa mit einem Lächeln über einen solchen Einwand hinweggehen; er ist gewichtiger, als man gewöhnlich meint, bei denen meint, die aus einer einseitigen Richtung zu ihren geisteswissenschaftlichen Resultaten kommen. Es muß gesagt werden, z. B. mit Bezug auf das, was in meinem Buche „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?“ mitgeteilt ist, wo gewisse Angaben für die einzelne Seele gemacht sind, – daß die Seele, wenn sie sich bei einem solchen Erleben ganz sich selber überläßt, nirgends einen Anhaltspunkt hat, der sie kontrolliert. Das alles bezeugt, daß man sich in der ernstesten Weise mit einem solchen, für einen oberflächlichen Geistesforscher sogar trivial erscheinenden Einwand auseinandersetzen muß. Es ist so viel über die Natur der – wie man sagen kann, – unwahren Vorstellungen vorgebracht, daß das dagegen Vorgebrachte sich auch auf die Geisteswissenschaft anwenden läßt, indem man sagt: alles was ihr da vorbringt als Methoden, um die Seele auszubilden, braucht nichts anderes zu sein als nur ein raffinierteres Illusions- und Halluzinations-Vermögen.

          Dann aber nimmt sich besonders die Geisteswissenschaft deplaziert aus gegenüber der ernsten, kontrollierbaren Wissenschaft, wenn sie auf die einzelnen Ergebnisse hinweist. Da könnte der gewissenhafte Wahrheitsucher der Gegenwart, der mit der Entwicklung der letzten Jahre bekannt geworden ist, sagen: Wißt ihr denn nichts von alledem, was vorgegangen ist? da sprecht ihr von einem Ätherleib oder Lebensleib, der gegenüber dem physischen Leibe ein selbständiges Dasein haben soll; wisst ihr denn nichts davon, daß bis ins neunzehnte Jahrhundert herein das gespukt hat, was man Lebenskraft nannte, und daß durch ernste wissenschaftliche Anstrengungen der Glaube an diese Lebenskraft endlich beseitigt worden ist? Wißt ihr denn nichts von der folgenden Tatsache: Man hat in früheren Jahrhunderten gesagt, zwischen den einzelnen chemischen Stoffen spiele sich in der leblosen Natur draußen ein chemischer Prozess ab; wenn aber dieser selbe Zusammenhang von Stoffen in den menschlichen Organismus eintrete, so bemächtige sich seiner die sogenannte Lebenskraft; da würde unter den einzelnen Stoffen nicht das vor sich gehen, was wir in der Chemie und Physik lernen, sondern es wirkten da die einzelnen Stoffe unter dem Einflusse der Lebenskraft aufeinander ein. Ein großer Fortschritt war es, daß diese Lebenskraft über Bord geworfen worden ist, daß man versucht hat zu sagen: diese Lebenskraft hilft gar nichts; sondern man muss so zu Werke gehen, daß das, was man in der unlebendigen Welt erforschen kann, im lebendigen Organismus weiter verfolgt werden muss, dass man nur die kompliziertere Art, wie dort die Stoffe zusammenwirken, berücksichtigen müsse, und daß man sich nicht auf das Faulbett der Lebenskraft zu werfen habe. Gerade als ein solches „Faulbett der Wissenschaft“ wurde die Lebenskraft beseitigt, indem man zeigte, wie die Wirksamkeit gewisser Stoffe, die man sich früher nur unter dem Einflusse der Lebenskraft denken konnte, auch im Laboratorium zustande kommt; und weil es noch nicht aller Tage Abend ist, so müsse sich die Wissenschaft doch jenes hohe Ideal stellen, auch jene Zusammensetzung der Stoffe ins Auge zu fassen, wie sie in der Zelle der Pflanze vorhanden ist, und dürfe sich nicht auf das Faulbett einer Lebenskraft legen, wenn es darauf ankommt zu untersuchen, wie die Stoffe und Kräfte im Organismus wirken. So lange man nicht imstande war, gewisse Stoffzusammensetzungen im Laboratorium zu erzeugen, war es berechtigt, zu sagen, sie kämen nur zustande, wenn die einzelnen Stoffe durch die Lebenskraft eingefangen werden; seit es aber gelungen ist – besonders durch Liebig und Wöhler –, nachdem man an die Lebenskraft nicht mehr glaubt, gewisse Stoffe ohne die Lebenskraft darzustellen, seitdem muß gesagt werden, dass auch die komplizierteren Zusammenfügungen im menschlichen Organismus die Zuhilfenahme einer besonderen Lebenskraft nicht mehr nötig haben. So trat im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts vor die Wissenschaft das hohe Ideal, das die meisten Forscher festhalten, selbst wenn es auch „Neo Vitalisten“ gibt, das Ideal, das sich erfüllen wird: solche Stoffzusammenhänge, wie sie sich im lebendigen Organismus zusammenfügen, zu erkennen und ohne die Zuhilfenahme einer nebulosen, mystischen Lebenskraft herzustellen, die – wie die ernste wissenschaftliche Forschung des neunzehnten Jahrhunderts immer behauptet hat –, gar nichts nützt, weil sie gar nichts beiträgt zur objektiven Erkenntnis der Natur.

          Der, welcher diese Tatsachen erkennt und vor allem den Ernst und die Würde ins Auge faßt, die dieser Entwicklung der Wissenschaft zugrunde liegen, der darf wohl einwenden: Ist es erhört, daß nun eine Anzahl von Menschen als sogenannte Geistesforscher auftreten, die in Form ihres Ätherleibes oder Lebensleibes die alte Lebenskraft wieder aufwärmen? ist es nicht ein Zeichen eines wissenschaftlichen Dilettantismus? sie mögen „glauben“, sie, die nichts von dem Ideal der Wissenschaft wissen; der wissenschaftliche Forscher selber aber kann nicht von dem ergriffen werden, was ja doch nur als eine Aufwärmung der Lebenskraft erscheinen kann. So arbeitet die Geisteswissenschaft – kann man sagen – dilettantisch mit Außerachtlassung alles dessen, was gerade zu den schönsten Idealen der modernen Wissenschaft gehört, und sie benutzt nur den Umstand, daß es heute der Wissenschaft noch nicht gelungen ist, gewisse Stoffe, die im lebendigen Organismus anzutreffen sind, auch im Laboratorium herzustellen, um einstweilen behaupten zu können, es sei zur Erzeugung des Lebens ein besonderer Ätherleib oder Lebensleib nötig. Und man kann sagen, die fortschreitende Wissenschaft werde schon dem Menschen diesen Ätherleib oder Lebensleib austreiben. So lange es der Wissenschaft in ihrem Schreiten von Triumph zu Triumph noch nicht gelungen ist, zu zeigen, daß kein Ätherleib da ist, und daß die Zusammenfügung der Stoffe des lebendigen Organismus auch in der Retorte erzeugt werden kann, so lange mögen die Theosophen oder Geistesforscher Staat machen mit dem Ätherleib, der doch nur eine Aufwärmung der alten Lebenskraft ist! – So könnte dieser Vorwurf erhoben werden zunächst als eine Tatsache des Dilettantismus.

          Und wenn nun gar die Geisteswissenschaft von dem Schlafleben sagt: Affekte, Triebe, Begierden des Menschen seien an einen besonderen Astralleib gebunden, und dieser trete, wenn der Schlaf den Menschen übermannt, aus dem Ätherleib und physischen Leib heraus und führe ein eigenes Dasein, so kann man sagen: Es ist sehr leicht, von einem inneren Seelenleben zu sprechen, wenn man sich die Sache einfach macht, indem man dieses innere Seelenleben nicht mit allen Schwierigkeiten und Rätseln hinnimmt, welche sich der Wissenschaft bieten, sondern wenn man sagt: da ist ein Astralleib, und daran ist das gebunden, was sich im Innern abspielt. Da kann man wieder mit den Fortschritten der Wissenschaft kommen und sagen: was bedeuten denn da die großen Fortschritte, welche besonders in den legten Jahrzehnten gemacht worden sind, um eine Erscheinung wie das Schlafleben oder das Traumleben rein naturwissenschaftlich zu erklären ? Es würde lange dauern, wenn ich Ihnen alle die Anstrengungen der Wissenschaft vorführen würde – die durchaus mit Ernst und Würde zu nehmen sind – um das Schlafleben und Traumleben zu erklären; namentlich deshalb würde es eine lange Zeit in Anspruch nehmen, weil gerade in der legten Zeit eine große Anzahl von Forschungen zutage getreten sind, die durchaus diskussionsmöglich sind. Es genügt, einen Gesichtspunkt ins Auge zu fassen, der zeigen kann, wie schwer es dem ernsten Wahrheitsforscher der Gegenwart wird, sich zu dem zu bekennen, was zunächst nur wie eine Behauptung erscheinen kann: das Ich und der Astralleib des Menschen ziehen sich mit dem Einschlafen aus dem physischen Leib und Ätherleib zurück.

          Wenn wir, eine große Anzahl von verschiedenen Hypothesen und Aufstellungen über das Schlafleben zusammenfassend, gleich eine Pauschalerklärung dieses Schlaflebens nehmen, so ist es die folgende: Es wird gesagt, dass man zur Erklärung des Schlaflebens durchaus nichts anderes brauche als ein unbefangenes Hinblicken auf die Erscheinungen des menschlichen oder tierischen Organismus. Es zeige sich, dass das wache Leben darin bestehe, daß die Erscheinungen der Umwelt auf die Sinnesorgane Eindruck machen, dass sie auf das Gehirn Reize ausüben. Den ganzen Tag hindurch üben sie solche Reize aus. Wie wirken sie auf das Gehirn und Nervensystem des Menschen? Sie wirken so, dass sie die Substanz, aus der das Nervensystem besteht, zerstören. Den ganzen Tag hindurch – sagt die moderne Naturwissenschaft – haben wir es damit zu tun, daß die äußeren Farben, Töne usw. auf unsere Seele, d. h. auf unser Gehirnleben, eindringen. Dadurch werden Dissimilationsprozesse hervorgerufen, d. h. Zerstörungsprozesse; es lagern sich bestimmte Produkte ab. Der Mensch ist, so lange diese Prozesse stattfinden, nicht in der Lage, den umgekehrten Prozess – den des Wiederaufbauens seines Organismus – zu bewirken. Daher wird jedesmal, nachdem wir aufwachen, das innere Seelenleben in gewisser Beziehung zerstört, so daß wir, bis wir müde geworden sind, dazu gelangt sind, daß wir unseren Organismus zerstört haben, und dass er kein inneres Seelenleben mehr entwickeln kann; es hört auf. Man braucht nichts anderes vorauszusehen, als dass sich durch das Tagesleben Ermüdungsstoffe in unserem Organismus ablagern; man braucht nur die Aufreibung der organischen Substanz anzunehmen, daß die organische Substanz für eine gewisse Zeit nicht mehr imstande ist, ihre inneren Prozesse zu entwickeln. Dann aber wirken die äußeren Reize nicht mehr und die Folge ist, daß der innere Organismus jetzt anfängt seine Ernährungsprozesse zu entwickeln, das Gegenteil von den Dissimilationsprozessen, die Assimilationsprozesse, daß er jetzt die zerstörte organische Substanz wieder herstellt, und dadurch wird der Nachtschlaf bewirkt. Ist die organische Substanz wieder hergestellt, so ist auch das innere Seelenleben wieder hergestellt, und so kann das wache Leben wieder neue Reize ausüben, bis wieder Ermüdung eintritt. So hat man es dabei mit dem zu tun, was man eine Selbsterneuerung des Organismus nennt.

          Darf man nicht zugeben, daß der gewissenhafte Wahrheitsforscher, der mit den Ergebnissen der heutigen Wissenschaft bekannt ist, sagen muß: Wenn so durch Selbsterneuerung des Organismus das Wachleben und Schlafleben in ihrem Wechsel ganz gut erklärbar sind, dann ist es nicht nur überflüssig, sondern direkt schädlich, wenn ihr den Fortschritt einer solchen menschlichen Wissenschaft dadurch beeinträchtigt, daß ihr sagt, nicht eine Selbsterneuerung liege vor, sondern weil der Mensch selbständig ist, trete etwas aus dem Organismus heraus. Da es durch den Organismus ganz allein erklärbar ist, daß der Wechsel von Schlaf und Wachen zustande kommt, so ist es unnötig und schädlich anzunehmen, daß das Bewußtsein etwas Besonderes sei und aus dem Organismus heraustrete, um während der Nacht ein besonderes Leben zu entwickeln. Wieder kann man darauf hinweisen, dass auf Seiten der Geisteswissenschaftein furchtbarer Dilettantismus vorliegt, an den nur solche glauben, die den Weg der Wissenschaft selbst nicht kennen, um den Organismus aus sich selbst zu erklären.

          Und wenn von Selbständigkeit des Geisteslebens gesprochen wird, wenn davon gesprochen wird – was ja plausibel erscheint –, daß das Geistesleben selbständig sei, daß wir den menschlichen Organismus als physischen durch unsere Sinne vor uns haben und durch die Methoden der Wissenschaft erforschen, wie die physischen Vorgänge verlaufen, während dann aber doch noch das Geistige da. ist, so ist das etwas, was oft betont worden ist, z. B. von Du Boys-Reymond und auch von anderen, die sich nicht ohne weiteres zum Materialismus bekennen. Denn man nehme z. B. irgend eine Gehirnvorstellung: wenn man sich das menschliche Gehirn so vergrößert denken würde (das hat schon Leibniz gesagt), daß man darin spazieren gehen könnte, so würde man darin nur materielle Prozesse sehen; das geistige Leben sei aber noch etwas Besonderes, und das bezeuge, daß man es doch mit einem von den Vorgängen des physischen Lebens abgesonderten Geistesleben zu tun habe. Wenn das berechtigt sei, so zeige dies doch das, was z. B. Benedikt sagt: die Tatsache des Bewußtseins ist im Grunde genommen von keiner anderen Ordnung, als die Tatsache der Wirkung der Schwerkraft in Verbindung mit der Materie. Denn wir sehen die physische Materie z. B. eines Weltenkörpers; die übt nach Annahme der physischen Wissenschaft Schwerkraft aus, und da ist etwas, was angezogen wird, z. B. von der Sonne. Bei solchen Wirkungen zwischen Sonne und Erde oder Mond sprach man dann früher von etwas Übersinnlichem; aber das ist nur so, wie wenn wir ein Stück weiches Eisen haben und außer ihm die elektrische Kraft oder den Magnetismus. Und wenn wir das Gehirn vor uns haben und in ihm zusammengedrängt Vorstellungen, Leidenschaften, Affekte usw., so ist das ebenso wie die Tatsache, daß um die materielle Erde die Schwerkraft und andere Kräfte walten. Warum sollte es also von einer anderen Wirkung her sein, wenn um das Gehirn herum Prozesse spielen, die ebenso auftreten wie die Schwerkraftprozesse um die materielle Erde herum? Die Erde in Verbindung mit der Schwerkraft und dem anderen, was unsichtbar um sie waltet, ist nichts anderes, als was um das Gehirn als Affekte, Vorstellungen und andere Vorgänge waltet. Wie hat man da ein Recht – so könnte gefragt werden –, von einer Selbständigkeit des Geisteslebens zu sprechen, wenn man sich kein Recht zuschreibt, davon zu sprechen, dass die Schwerkraft auch dann ausgeübt werde, wenn kein anziehender Körper vorhanden ist? Und man kann weiter sagen: wie man kein Recht habe, in solchem Falle im freien Weltenraume von einem die Schwerkraft entwickelnden Weltenkörper zu sprechen, so habe man kein Recht, von einem besonderen Seelischen zu sprechen, das nicht an materielles Dasein bei einem Gehirn gebunden sei.

          Dass nicht mit einem unwissenschaftlichen Fanatismus über solche Dinge hinweggegangen werden darf, das sollte jedem ernsten Geistesforscher klar sein.

          Wenn sich nun schon gewichtige Einwände erheben gegen die geisteswissenschaftliche Annahme über das Schlaf- und Wachleben, gegen die Selbständigkeit des Bewusstseins überhaupt, wie kann dann der, welcher mit den wissenschaftlichen Methoden – der Gegenwart Ernst macht, sich irgendwie in Übereinstimmung versehen mit dem, was von der Geisteswissenschaft über die wiederholten Erdenleben gesagt wird, über ein Vorhandensein eines menschlichen Wesenskernes, der über den Tod hinaus ein Dasein führt, der Erlebnisse durchmacht in der Zeit zwischen dem Tode und einer neuen Geburt und dann in einem neuen, nächsten physischen Erdenleben wieder erscheint! Hier wird nicht nur ein Einwand gemacht von denen, die auf naturwissenschaftliche Tatsachen bauen, sondern auch von denen, die heute selber Geisteswissenschaftler in vieler Beziehung sein wollen: von den Psychologen, von den Seelenforschern der Gegenwart. Es wird gefragt: was ist denn das notwendige Kennzeichen dafür, daß der Bestand der menschlichen Wesenheit verbleibt? Dies kann der Seelenforscher der Gegenwart in nichts anderem als darin finden, dass das menschliche Bewusstsein gedächtnismäßig von seinen Zuständen weiß, die es während des Lebens durchgemacht hat. Fortdauer, Kontinuität des Bewusstseins ist das, was der Psychologe der Gegenwart besonders ins Auge fasst. Er kann sich nicht auf das einlassen, was nicht in das Bewusstsein der menschlichen Persönlichkeit hereinfällt, und er wird sich immer darauf berufen müssen, daß der Mensch zwar ein Gedächtnis über seine besonderen Zustände in seinem Leben zwischen Geburt und Tod habe, dass aber nichts Analoges gezeigt werden könne für den Bestand der menschlichen Wesenheit, die aus früheren Erdenleben herüberkäme.

          Und gegen mancherlei andere Dinge noch, die im Verlaufe dieser Vortragsreihen vorgebracht worden sind, wird mancher ernste Wahrheitsforscher der Gegenwart etwas einwenden können. Da kann gesagt werden: Du kannst zwar vorbringen, gewisse Dinge im Menschenleben erscheinen so, daß man sie aus den Vorgängen des einzelnen Lebens nicht erklären kann, sondern daß man annehmen muss, daß sich der Mensch gewisse Anlagen, Talente usw. durch die Geburt hindurch mitbringt, so daß man annehmen kann, die Seele existiere schon vor dem Eintritt in das physische Leben. Aber das bleibt denn doch alles nur gewagte Hypothese; das bleibt alles gegenüber der modernen Seelenforschung insofern ungenügend, als diese wieder einen Weg nimmt, der scheinbar ganz gewissenhaft nach einem Ideale hinsteuert. – Was hier vorliegt, kann man in folgender Weise charakterisieren: Wer das menschliche Leben unbefangen betrachtet, wie es sich abspielt mit diesen oder jenen Leidenschaften, mit dieser oder jener Gefühlsschattierung, mit einer Hinneigung zu diesen oder jenen Vorstellungen, der wird, wenn er sich ohne viel Bedenken auf den Standpunkt der Geisteswissenschaft stellt, sagen: Durch unsere Erziehung haben wir uns ja mancherlei errungen; aber nicht alles kann dadurch erklärt werden, sondern wir bringen uns durch die Geburt hindurch etwas mit, was aus früheren Erdendaseinsstufen stammt. Aber – so kann der ernste Wissenschaftler entgegnen – haben wir nicht damit einen Anfang gemacht, das erste Kindheitsleben zu erforschen, jenes Kindheitsleben, an das man sich später nicht zurückerinnert? Der moderne Naturforscher oder der Philosoph wird dann vielleicht sagen: da will der Geistesforscher einen genialen Menschen, wie z. B. Feuerbach, dadurch erklären, daß er sich gewisse Kräfte aus dem vorhergehenden Leben mitgebracht hat und dadurch in die Lage gekommen ist, künstlerisch zu arbeiten. Nun hat man aber die folgende Entdeckung gemacht: Ein solcher Maler malt mit einer ganz besonderen Farbenstimmung, bevorzugt einen bestimmten Gesichtsausdruck usw. nach einer ganz bestimmten Richtung. Geht man dem nach, so findet man, daß er in seinen ersten Kinderjahren z. B. in seinem Zimmer eine Büste sah, und daß eine besondere Art, wie das Licht immer darauf fiel, sich in die Seele des Kindes eingegraben hat; das tritt dann später wieder auf, und es zeigt sich dann – so kann man sagen –, daß solche Eindrücke tief wirksam und bedeutsam sind. Es ist dadurch möglich, vieles zu erklären; die Geisteswissenschaft will alles auf frühere Erdenleben zurückführen, während man vielleicht durch eine sorgfältige Beobachtung und Erforschung der ersten Kindheit alles erklären kann.

          Man kann dann weiter hinweisen auf die moderne Naturwissenschaft, die durch das biogenetische Grundgesetz zeigt, wie der Mensch die Tierformen, von denen man annimmt, dass sie das Menschengeschlecht in früheren Erdenzuständen durchlaufen habe, wirklich im vorgeburtlichen Zustande auch durchmacht; so daß es also eine Berechtigung habe, dies zu zeigen. Daran anknüpfend, kann man sagen: Wo hat die Geisteswissenschaft auf so etwas Ähnliches hinzuweisen, daß sich im einzelnen individuellen Leben etwas wiederholt, was der Mensch in früheren Erdenleben durchgemacht hat? Das müßte man fordern können, wenn man als rechtmässiger Wahrheitssucher der Gegenwart glauben soll, daß in dieser Beziehung in der Geisteswissenschaft jener Ernst und jene Würde angewendet werden, die bei einer ähnlichen Behauptung auf dem Boden der Naturwissenschaft da ist. So ist es gekommen – und mit einem gewissen Recht kann man es sagen – dass der Mensch, wenn er sich über das menschliche Leben, über das tierische Leben und auch über das planetarische Leben, das uns durch die Astronomie zugänglich wird, ein wenig naturwissenschaftliche Erkenntnisse angeeignet hat, seiner Phantasie dann freien Lauf lassen kann, Schlussfolgerungen zieht und allerlei andere Welten ersinnt, die einen recht starken Eindruck von Wirklichkeit machen. Gewiss, bei dem, der keine naturwissenschaftlichen Erkenntnisse hat, wird sich die Sache sehr bald in Widersprüche verwickeln, und seine Unkenntnis wird sich bald zeigen, indem er alles Mögliche herausprojizieren wird, was mit den naturwissenschaftlichen Ergebnissen nicht übereinstimmt; wer aber die Naturwissenschaft kennt, der wird zeigen, daß sich seine Ideen sehr hübsch in das hinein fügen, was die Naturwissenschaft zeigt; dann wird man ihn nicht widerlegen. Aber wer tritt in der Geisteswissenschaft dafür ein – so kann man jetzt wieder fragen –, daß so etwas nicht unberechtigterweise aus solchen Behauptungen heraus projiziert und dann phantastisch ausgebildet worden ist? Wer bürgt dafür, daß man sich auf den Standpunkt stellt, daß nur das von jedem Erforschbare Geltung haben soll? Daher müsste man sich darauf einlassen, aus dem einfachen Grunde, weil man sieht, wie im neunzehnten Jahrhundert etwas heraufgekommen ist, was sich auch in der modernen Geisteswissenschaft geltend macht. – Wir haben es ja erlebt, dass sich im neunzehnten Jahrhundert im deutschen und im französischen Geistesleben die Dinge geltend gemacht haben, welche die Geisteswissenschaft behauptet. 1854 ist von Reynaud ein Werk erschienen, „Terre et ciel“, und von Figuier ein Werk über das, was mit dem Menschen nach dem Tode folgt.*) Es hat zahlreiche Gegner mit naturwissenschaftlicher Bildung gegeben, welche gesagt haben: Ja, was ist denn besser: dass ihr euch auf Grundlage der Naturwissenschaft Tatsachen ausdenkt über eine Vielheit der menschlichen Erdenleben, über ein Leben nach dem Tode usw. – oder ist es besser, irgend eine andere, ebenso ausgedachte Hypothese über diese Dinge anzunehmen?

          Wenn solche Einwände gemacht werden, und wenn sie nicht in frivoler Weise gemacht werden, sondern durchaus auf dem Boden ernsten Wahrheitssuchens, dann muß man sagen: Es sind nicht Einwände, die nur aus Widerspruchsgeist entstehen, sondern die sich die menschliche Seele selbst machen mal; sich umso mehr machen muß,

*) Jean Reynaud, Philosophie religieuse, Terre ei ciel, Paris 1854.

Louis Figuier, Le Iendemain de la mori, ou la vie future selon la science, Paris 1871.

als man auf der anderen Seite wieder sieht, wie wenig gewissenhaft auf Seiten derer, die Geisteswissenschaft pflegen wollen, oft vorgegangen wird, wenn „Beweise“ dafür aufgebracht werden, daß das menschliche Leben ein individuelles sei, und gesagt wird, daß man außerhalb des individuellen Lebens keine Erklärung finden könne für Erscheinungen, wie es z. B. das menschliche Gewissen und das Verantwortlichkeitsgefühl sind, wenn man nicht gewisse Anlagen und Tendenzen aus früheren Erdenleben heraus annehmen wollte. Da sagen manche: Wenn ich mich verantwortlich halte, so muss ich mir die Anlage dafür erworben haben; da ich sie mir in diesem Leben nicht erworben habe, so muß es in einem früheren gewesen sein. – Es wird auch gesagt, das menschliche Gewissen sei eine Erscheinung, welche beweise, dass eine innere Stimme in uns hereinspricht, die wir nicht aus dem jetzigen Leben ableiten können, und deshalb müssen wir sie aus einem früheren herleiten. Dann wird auch gesagt: Man sehe sich die verschiedenen Kinder des gleichen Elternpaares an: sie weisen ganz verschiedene geistige Eigenschaften auf. Wenn aber alles auf dem Wege der Vererbung von den Eltern auf die Kinder übergegangen sein soll, wie kann man sich dann solche Verschiedenheiten erklären, wie sie ja selbst bei Zwillingen auftreten? Daher dürfe man schließen – so sagen die Leute dann –, daß die Kinder des gleichen Elternpaares verschiedene Individualitäten haben, die nicht vererbt sein können, sondern aus einem früheren Erdenleben in das jetzige herübergezogen sein müssen.

          Da wird der gewissenhafte Wahrheitsforschereinwenden: Berücksichtigt ihr denn gar nicht, daß die Individualität eines Menschen, wie er uns entgegentritt, aus der Vermischung des väterlichen und des mütterlichen Elementes entsteht, und daß daher bei den einzelnen Kindern die Mischung eine verschiedene sein muß? Müßten denn nicht selbst bei Zwillingen, weil eben verschiedene Mischungen da sind, die Individualitäten, wenn man sie nur aus der Vererbung erklärt, verschieden sein?

          Ein solcher Einwand ist nicht ein hergesuchter, sondern einer, der sich aus der Sache selbst aufdrängt. Wenn man alles berücksichtigt, so findet man es durchaus verständlich, daß die, die immer eine „kontrollierbare“ Wissenschaftverlangen, die Geisteswissenschaft nicht aufnehmen, weil sie nicht kontrollierbar ist; und wenn man bedenkt, daß solche Gegner ein Bedeutsames für sich haben, so begreift man sie. Sie haben das für sich, daß neben dem kritischen Geist in unserer Zeit noch etwas anderes vorhanden ist. Dieser kritische Geist ist wohl durchaus vorhanden, und wenn die Geisteswissenschaft etwas sagt, so ruft sie ja sofort die Gegner auf, die nicht nur logisch irritiert, sondern auch sittlich entrüstet sind, daß solche Theorien vorgebracht werden. Solche Gegner werden aufgerufen, und die Kritik ist etwas, was wir überall hervorsprießen sehen; und weil sich die Geisteswissenschaft mit ihren Ideen als etwas Schokierendes in unsere Zeit hineinstellt, so ist eine solche Kritik durchaus begreiflich. Aber neben dem kritischen Geist lebt in unserer Zeit die Leichtgläubigkeit, das Nachlaufen hinter einem jeden, wenn von ihm nur etwas aus der Geisteswissenschaft behauptet wird. Die Sehnsucht, die Dinge so zu bekommen, daß man sie auch einsehen kann, ist bei den Menschen wenig vorhanden, ist ebenso wenig vorhanden, wie stark vorhanden ist der kritische Geist und die Leichtgläubigkeit. So sehen wir, daß durch die Leichtgläubigkeit, durch das auf Autorität Hinnehmen eines leichtgläubigen Publikums, das alle möglichen Dinge aus der Geisteswissenschaft hinnimmt, geradezu demjenigen Vorschub geleistet wird, was sich gegenüber der wirklichen, ernsten Geistesforschung jederzeit geltend gemacht hat, – nämlich der Scharlatanerie. Es ist eine Herausforderung zu Scharlatanerie wenn die Leute allem leichtgläubig nachlaufen. Und es ist eine große Versuchung für den Menschen, wenn ihm alles Mögliche geglaubt wird, wenn er der Schwierigkeit enthoben ist, diese Dinge wirklich vor dem Forum der Wissenschaft, vor dem Forum des Zeitgeistes zu rechtfertigen. Auch in unserer Zeit ist das, was hier angeführt ist, nur zu weit verbreitet; wir sehen, wie die Leichtgläubigkeit, wie der krasseste Aberglaube sehr stark grassiert. Daher gibt es wohl kaum zwei andere Dinge in der Welt, die so verschwistert sind wie Geisteswissenschaft und Scharlatanerie. Und wenn man die beiden Wege nicht unterscheiden kann, wenn man alles nur auf blinden Autoritätsglauben hin annimmt, so wie schon seiner Natur nach manches auf Autorität hin angenommen werden muß, was ja oft in der Gegenwart der Fall ist, dann fordert man heraus, was mit Recht von ernsten Wahrheitsforschern kritisiert wird: die Scharlatanerie, die so sehr mit der Geisteswissenschaft verknüpft ist. Und man kann es begreiflich finden, wenn jemand, der nicht in der Lage ist, den Scharlatan von dem Geistesforscher zu unterscheiden, dann den Einwand hat, daß alles Scharlatanerie sein müsse.

          Und nichts ist schneller gefunden als der Übergang zu dem, was auf moralischem und religiösem Gebiete liegt. Wir können die Einwände, die sich für dieses Gebiet ergeben, schneller charakterisieren, weil sie leichter verständlich sind.

          Man kann sagen: man sehe hin, wie das, was intimste Angelegenheit der Menschenseele sein muß, was der Mensch für sich als Glauben, als sein subjektives „Fürwahrhalten“ finden kann, zu einer scheinbaren Wissenschaft aufgebauscht wird! Und einwenden kann man dem Geisteswissenschafter: Wenn du das als deinen Glauben hinstellst, so wollen wir dich unbehelligt lassen; wenn du aber das, was du als Lehre von den höheren Welten aufstellst, für andere Menschen geltend machen wirst, so ist das gegen die Natur und den Charakter dessen, wie sich das Innere des Menschen zu den geistigen Welten, zu dem religiösen Leben überhaupt verhalten soll. Und will man dann auch die Früchte in dieser Beziehung zeigen, so kann man sagen: Man sehe hin auf Menschen, welche sich in geisteswissenschaftlichen Kreisen z. B. die Idee der wiederholten Erdenleben zur Überzeugung gemacht haben; denen kann man ansehen, wie das, was moralische Weltanschauung ist, gerade durch eine geisteswissenschaftliche Weltanschauung in den krassesten Egoismus hineingeführt wird. Und man kann das, was sich aus der Geisteswissenschaft ergibt, zusammenstellen mit dem Materialismus des neunzehnten Jahrhunderts, indem man sagt: Da hat es zahlreiche Menschen gegeben, die mit ihrem Geiste über die bloßen materiellen Vorgänge hinauskonnten, und die da sagten: Ich sehe meine höhere Moral nicht darin, nach meinem Tode auf eine geistige Welt Anspruch zu machen, um von ihr aufgenommen zu werden und dort fortzuleben; sondern wenn ich etwas Moralisches tue, so tue ich es ohne Hoffnung auf eine geistige Welt, weil es mir die Pflicht gebietet, weil ich gerne hingebe, was mir meine eigene Egoität ist. – Viele hat es gegeben, für welche die Unsterblichkeits-Moral nur eine egoistische Moral war; diese Moral erschien ihnen viel weniger gut als die, die alles, was getan wird, mit dem Tode des Menschen übergehen läßt in das allgemeine Weltenleben. Demgegenüber steht die Moral derer, welche sagen, es hätte keinen Sinn, wenn nicht das, was sie tun, in folgenden Erdenleben seinen Ausgleich fände. Dieses Karma-Gesetz – können nun die Gegner der Geisteswissenschaft sagen – begünstige nur den menschlichen Egoismus; und abgesehen von solchen Leuten, die vielleicht geradezu sagen: Ich erkenne viele Leben in der Zukunft an; was brauche ich daher jetzt ein anständiger Mensch zu werden? Ich habe viele Leben vor mir, und wenn ich auch in der Gegenwart dumm bleibe – gescheit und klug kann ich in den nachherigen Leben noch werden... so könne man doch sagen, daß die wiederholten Erdenleben gerade dazu herausfordern, ein bequemes und lässiges Leben zu führen. Das alles zeige an der Idee der wiederholten Erdenleben, daß der Egoismus, der sein Ich erhalten will, von einer selbstlosen Moral sehr weit entfernt ist.

          Und ein Einwand kann aufgenommen werden, den Friedrich Schlegel gegen die Anschauung von den wiederholten Erdenleben gemacht hat, wie sie bei den Indern angenommen werden: die Anschauung von dem Leben der Menschenwesenheit, die da eile von Verkörperung zu Verkörperung, führe dazu, daß der Mensch dem tätigen, unmittelbaren Eingreifen in die Wirklichkeit entfremdet wird, daß er das Interesse verliert an allem, worin er sich entfalten soll. – Eine gewisse weltfremde Sonderlingsart ist ja leicht zu bemerken bei denen, die sich in die Geisteswissenschaft hineinleben; ein gewisser Geistes-Egoismus, eine gewisse weltfremde Lehre wird dadurch gezüchtet. Ja, es zeigt sich, daß solche Menschen sagen: nachdem ich mich eine gewisse Zeit hindurch mit der Geisteswissenschaft beschäftigt habe, verliere ich das Interesse für das, was mir früher lieb war. Das ist etwas, was oft auftritt, was aber zeigt, daß der Einwand mit Ernst gemacht wird, dass der Mensch arbeiten solle in der Welt, der er zugeteilt ist! Und es ist ein ernster Einwand, daß die Geisteswissenschaft die Menschen dem unmittelbaren starken Wirklichkeitsleben nicht entfremden, sie nicht zu Sonderlingen machen soll, die alles drunter und drüber gehen lassen.

          Und nun das religiöse Leben. Man kann sagen: worin liegt die schönste Blüte, die herrlichste Blüte dieses religiösen Lebens? Sie liegt in der Hingabe, in der selbstlosen Hingabe der menschlichen Individualität – kann man sagen – an ein außermenschliches Göttliches; das Sich-Verlieren des Gemütes, das sich opfernde Hingeben des Gemütes an das außermenschliche Göttliche erzeuge die eigentliche religiöse Stimmung. Nun kommt aber die Geisteswissenschaft und erklärt dem Menschen, dass ein göttlicher Funke in ihm ist, der zuerst in einer geringfügigen Weise in einem Erdenleben zum Ausdruck kommt, dann aber ausgebildet wird und sich immer mehr und mehr vervollkommnet, so daß der Gott im Menschen immer stärker und stärker werde. Das ist Selbstvergottung statt selbstloser Hingabe an die außermenschliche Göttlichkeit. Ja, man kann mit einem gewissen Recht einwenden, wenn man es mit der religiösen Anschauung ernst nimmt, daß durch dieses Sichhineinleben in die eigene göttliche Natur, wenn es sich durch die verschiedenen Inkarnationen hindurch verwirklicht, die wahre religiöse Stimmung zerstört werden kann, wie auch das Leben in Liebe zerstört werden kann. Wenn der Mensch nicht in der unmittelbaren liebevollen Hingabe sich dazu getrieben fühlt, sondern wenn er daran denkt, daß in einem späteren Erdenleben in dieser Beziehung ein Ausgleich stattfinde, so liebt er also nur auf den Ausgleich hin. Und der Religiöse kann sagen: das religiöse Leben wird in der geisteswissenschaftlichen Weltanschauung durch den Egoismus begründet, daß der Mensch den Gott nicht außer sich habe, sondern in sich. Und berechtigt ist der Einwurf: welche Summe von Überhebung, von Hochmut und Selbstvergottung kann dadurch in der menschlichen Seele begründet werden!

          Die, welche sich solche Einwände machen, brauchen sie sich ja nicht auszumalen; man kann aber daran sehen, wie treumeinende Anhänger der Geisteswissenschaft zu einem solchen Hochmut und immer wieder zu solcher Selbstvergottung kommen können. Daher kommt es, dass wir im Abendlande ein solches Auflehnen gegen das Bestehen des Gottesfunkens im Menschen finden, gegen das Bestehen des menschlichen Wesenskernes vor der Geburt. Man soll es nicht leicht nehmen, was man bei einem ernsten Wahrheitsforscher als einen solchen Einwand gegen die wiederholten Erdenleben im Gegensafe zu den Vererbungsverhältnissen finden kann. Einen Einwand, den ich vorlesen will (worüber ich weiter nichts sprechen will, um ihn nicht abzuschwächen), finden wir bei Jakob Frohschammer, der als ein Typus einer der Menschen genommen werden kann, die vieles gegen die Annahme einer Präexistenz der Seele einwenden können: *)

... „Als Gottes Wesen oder als Teil Gottes kann sich die Menschenseele unmöglich betrachten, weniger wegen der Thomistischen Besorgnis um die Einheit Gottes, da sie immerhin als Momente in ihm sein können, ohne seiner Einheit zu schaden, – als vielmehr nach dem eigenen Bewußtsein und Zeugnis der Menschenseele selbst, die weder sich noch die Welt als direkten Ausdruck göttlicher Vollkommenheit oder als Verwirklichung der

*) Jakob Frohschammer: aus „Thomas von Aquino“. Thomistische Psychologie (Anthropologie). Kritische Würdigung. ü) Ursprung der menschlichen Seelen. Leipzig 1889.

Idee Gottes selbst betrachten kann. Als von Gott stammend, kann sie nur als Produkt oder Werk göttlicher Imagination gelten; denn es muß die Menschenseele wie die Welt selbst in diesem Falle zwar aus göttlicher Kraft und Wirksamkeit kommen (da aus bloßem Nichts eben nichts werden kann), aber diese Kraft und Wirksamkeit Gottes muß, wie vorbildend für die Schöpfung, so auch bildend bei deren Realisierung und Forterhaltung wirken; also als Gestaltungskraft (nicht bloß formaler, sondern auch realer Art), demnach als Phantasie, d. h. als in der Welt immanent fortwirkende und fortschaffend erhaltende Kraft oder Potenz, also als Weltphantasie, – wie dies früher schon erörtert wurde. Was die Lehre von der Präexistenz der Seelen betrifft (der Seelen, die entweder als ewig betrachtet werden oder als zeitlich geschaffen, aber schon am Anfang und insgesamt auf einmal), wie man, wie bemerkt, in neuerer Zeit wieder hervorgezogen und zur Lösung aller möglichen psychologischen Probleme für tauglich hält, – so steht sie mit der Lehre von der Seelenwanderung und Einkerkerung der Seelen in irdische Leiber in Verbindung. Danach fände also bei der Zeugung der Eltern weder eine direkte göttliche Schöpfung der Seelen statt, noch eine schöpferische Produktion neuer Menschennaturen nach Leib und Seele durch die Eltern, sondern nur eine neue Verbindung der Seele mit dem Leibe, also eine Art Fleischwerdung oder Versenkung der Seele in den Körper, - wenigstens einer teilweisen, so daß sie teils vom Körper umfangen und gebunden ist, teils darüber hinausragt und eine gewisse Selbständigkeit als Geist behauptet, aber doch nicht davon loskommen kann, bis der Tod die Verbindung aufhebt und für die Seele Befreiung und Erlösung bringt (wenigstens von dieser Verbindung). Der Geist des Menschen gliche da in seinem Verhältnis zum Körper den armen Seelen im Fegfeuer, wie sie von malenden Pfuschern auf Votivtafeln dargestellt zu werden pflegen, als Körper, die halb in den auflodernden Flammen versenkt sind, mit dem obern Teil aber (als Seelen) hervorragend und gestikulierend! Man bedenke doch, welche Stellung und Bedeutung bei dieser Auffassung dem Geschlechtsgegensatz, dem Gattungswesen der Menschheit, der Ehe und dem Elternverhältnis zu den Kindern zukäme! Der Geschlechtsgegensatz nur eine Einkerkerungseinrichtung, die Ehe ein Institut zur Ausführung dieser schönen Aufgabe, die Eltern den Kinderseelen gegenüber die Schergen zum Festhalten und Einkerkern derselben, die Kinder selbst den Eltern diese elende, mühselige Gefangenschaft verdankend, während sie weiter nichts mit ihnen gemein haben! All das, was sich an dieses Verhältnis knüpft, beruhte auf elender Täuschung!“

          Man kann, wenn man fanatischer Geistesforscher ist, über eine solche Sache ja lächeln, aber Fanatismus soll der Geisteswissenschaft fern liegen; verstehen soll sie und wirklich tolerieren das, wogegen sich die Seele aufbäumt. Aus diesem Grunde wurde dieser einleitende Vortrag nicht als eine „Begründung“, sondern wie eine „Widerlegung“ der geisteswissenschaftlichen Forschung gehalten. Aber um so fester wird das stehen können, was in dem nächsten Vortrage „Wie begründet man Geistesforschung?“ vorzubringen sein wird, wenn wir uns die berechtigt zu machenden Einwände selbst machen können. Daß ich in Wahrheit die Geistesforschung nicht widerlegen will, wird man mir wohl glauben! Ich konnte ja nur eine ganz kleine Anzahl von Einwänden hier anführen; es könnten viele solcher Einwürfe gemacht werden; das kann zum Teil in der kommenden Zeit geschehen, und es wird dann die Widerlegung gleich auf dem Fuße folgen. Aus allem aber, was angeführt wird, kann man sehen, wie der Mensch durch die Entgegennahme der geisteswissenschaftlichen Forschung innerlich auf einen Kampfplan gerufen wird, wie nicht bloß die Dinge sich ergeben, die für die wiederholten Erdenleben, für den Durchgang des Menschen durch eine geistige Welt usw. sprechen, sondern wie sich aus den dunklen Seelentiefen heraus auch alle Gegengründe ergeben können. Gut ist es, wenn der, der sich in einer ruhigen Weise mit Geistesforschung beschäftigt, auch diese Gegengründe kennt; dann wird er auch die richtige Toleranz den Gegnern gegenüber anwenden können. Nur einfach sich mit Geisteswissenschaft zu beschäftigen oder sich blind zu stellen oder zu lachen über Einwände der Gegner, kann nimmermehr die Art des Geistesforschers sein. Daß das nicht zuträglich wirkt, zeigte sich schon an einem besonderen Falle im neunzehnten Jahrhundert, den ich hier wieder erzählen möchte.

          Im Jahre 1869 erschien die Philosophie des Unbewussten“ von Eduard von Hartmann.*) Wenn man auch nicht mit ihr einverstanden sein wird, so kann man doch sagen, daß in ihr ein guter Versuch vorlag, um über die Sinnesanschauung hinauszukommen. Daher musste sich Eduard von Hartmann gegen manches wenden, was damals gerade als ein Ideal der Wissenschaft herausgekommen war, besonders gegen das, was aus dem neu aufblühenden Darwinismus kam; und so finden wir vieles in der „Philosophie des Unbewußten“, was gegenüber dem Darwinismus nicht hat modern werden sollen. Aber das besondere Übereinstimmende aller derjenigen, die sich auf Seiten des Darwinismus nicht mit diesem Buche einverstanden erklären konnten, war, daß sie sich gegen Eduard von Hartmann auflehnten als gegen einen, der sich nicht bekannt gemacht habe mit dem, was aus der Naturwissenschaft der Gegenwart folgte. Und eine große Flut von Gegenschriften erschien. Man braucht nicht zu denken, daß diese Gegenschriften lauter, Torheiten enthielten; sie erschienen zum Teil von solchen, die hervorragende Menschen auf ihrem Gebiete sind, z. B. von Ernst Haeckel, von dem Zoologen Oskar Schmidt und anderen. Unter diesen Schriften war auch eine, deren Verfasser sich nicht nannte, mit dem Titel „Das Unbewußte vom Standpunkte der Physiologie und Deszendenztheorie“. Darin wurde mit schlagenden Gründen bewiesen, wie viele Dinge in der „Philosophie des Unbewußten“ nicht haltbar wären,

*) Eduard von Hartmann, Philosophie des Unbewußten. Versuch einer Weltanschauung. Berlin 1869.

und wie ihr Verfasser damit gezeigt habe, daß er auf dem Gebiete der Naturwissenschaft nichts anderes als ein Dilettant wäre. Viele Menschen waren geradezu frappiert über die schlagfertige Art, wie dieser Anonymus in dieser Schrift vorging, und Oskar Schmidt, damals an der Universität Jena, meinte, sie sei das beste, was vom Standpunkte der Naturwissenschaft aus gegen die „Philosophie des Unbewussten“ gesagt werden könne. Manche sagten: „er nenne sich uns, denn er ist einer der Unsrigen“; und Ernst Haeckel sagte, er selber könnte nichts Besseres gegen die „Philosophie des Unbewußten“ schreiben. So war es kein Wunder, daß die erste Auflage dieser Schrift „Das Unbewußte vom Standpunkte der Physiologie und der Deszendenztheorie“*) bald vergriffen war. Eine zweite Auflage erschien, und jetzt nannte sich der Verfasser; es war – Eduard von Hartmann. Jett hörten manche Stimmen auf, die vorher gesagt hatten: er nenne sich uns, er ist einer der Unsrigen. Aber das Bedeutungsvolle hatte sich vollzogen, daß ein Mensch gezeigt hatte: er kennt alles, was die ernstesten Gegner gegen ihn vorbringen können. Einmal ist damit der Beweis geliefert worden, daß man nicht glauben soll, wenn gegen eine Weltanschauung etwas vorgebracht werden kann, daß der Verfasser dieser Weltanschauung sich das nicht selbst hätte sagen können.

          Für die Geisteswissenschaft ist dies geradezu eine Lebensfrage. Nun konnte ich heute zwar nicht alles sagen, was gesagt werden könnte; aber die Geisteswissenschaft muß kennen, was gegen sie eingewendet werden kann. Und es wäre nur zu wünschen, daß manche von denen, welche glauben, ein abgrundtiefes Wissen

*) Anonymus (Eduard von Hartmann), Das Unbewußte vom Standpunkte der Physiologie und der Deszendenztheorie. Berlin 1872.

aufzubringen, um die Geisteswissenschaft mit dem oder jenem guten wissenschaftlichen, exakten Grunde zu widerlegen, sich manchmal überlegen könnten, wieviel besser derjenige, gegen den das eingewendet wird, die Sache kennt, als der, welcher es einwendet. So ist es bei einem gewissenhaften Geistesforscher. Er kann natürlich nicht sein Publikum damit langweilen, daß er immer auch alle Gegengründe anführt, die möglich sind. Wenn aber irgend etwas für die Geisteswissenschaft vorgebracht wird, und wenn dann mancher Gegner auftritt, dann sollte dieser sich selbst erst fragen, ob das, was er vorbringt, sich derjenige nicht selbst sagen kann, der die Geisteswissenschaft vertritt.

          Die Aufgabe des nächsten Vortrages soll es nun sein, die Frage aufzuwerfen: Wie stellt sich die Seele in richtiger Art zu dem, was in ihr selbst als Gegengründe aus ihren Tiefen herauf sich geltend macht? Sollte es wirklich wahr sein, daß sich der Mensch gegenüber der Geisteswissenschaft, weil so vieles gegen sie eingewendet werden kann, wirklich so zu stellen habe, wie – in einer etwas übertragenen Weise gesagt – Goethe zuletzt seinen Faust sagen läßt: „Könnt ich Magie von meinem Pfad entfernen“? Sind die Gegengründe der Geistesforschung so, wie sich Faust gegenüber den Gegengründen der Magie verhält? Sind sie so, daß ein Philosoph wie Geoffroy de Saint-Hilaire Recht hat, wenn er sagt: Gegenüber der Weltbetrachtung gibt es im Ernste nur das folgende: Wir sehen, daß der Mensch in vieler Beziehung schwach ist. Warum sollten wir uns diese Schwäche nicht gestehen, und warum sollte es nicht gerade eine Stärke sein, wenn man sich mit seiner Schwäche abfindet? Wie muß sich der Mensch gestehen, daß er schwach ist gegen Wind und Wetter, gegen vulkanische Gewalten und Elementarereignisse! Wie muß sich der Mensch gestehen, daß er schwach ist gegenüber dem, was die Natur über ihn verhängt, wenn er den Samen in die Erde legt und die Ungunst der Witterung ihn nicht reifen läßt, die aus seinem Fleiß nur eine Hungersnot hervorgehen läßt! Wenn sich der Mensch oft seine Schwäche zu Gemüte führen muß, warum sollte er es nicht sagen, aus Ehrlichkeit heraus sagen: zwar kann der Geist in manchem über sich hinaus, aber auch er ist schwach und beschränkt und kann nichts vermögen über das, was die Natur über ihn verhängt; so kann er nichts erkennen über das, was unsere Natur ist - wir müssen resignieren! –

          Wären die Gründe, die jetzt vorgebracht sind, so gewichtig, daß der nächste Vortrag nicht gehalten werden könnte, so gäbe es nichts anderes als eine solche Resignation, die nicht nur Geoffroy de Saint-Hilaire, sondern die viele aus einer ehrlichen, wahrheitsliebenden Seele heraus empfinden, und die das vertreten zu müssen glauben, daß der Mensch nicht in eine geistige Welt eindringen könne. Weil die Gegengründe nicht aus Widerspruchsgeist, sondern aus der Natur der Sache selbst hervorsprießen, deshalb ist die Auseinandersetzung über Natur und Wert der Gegengründe der Geisteswissenschaft nicht bloß eine theoretische Tatsache, sondern etwas, was sich aus dem Kampfplage der Seele heraus ergeben muß, wo Meinungen gegen Meinungen ein scheinbar mehr oder weniger berechtigtes Kämpfen aufführen, und wo man erst durch harte Kämpfe erkennen kann, welche von diesen dort auftretenden Gründen Sieger bleiben können. Wenn man sich offen und rückhaltlos dem inneren Kampfe der Seele gegenüberstellt und sagen kann, was für und wider eine Erkenntnis der geistigen Welt spricht, so wird man zwar nicht ein fanatischer Vertreter dieses oder jenes ausgedachten oder erklügelten Prinzipes, sondern ein Anerkenner jenes Prinzipes, daß eine ruhige Überzeugung sich auf Grundlage derjenigen Gründe aufbaut, die erst dann – und nie vorher – für sich geltend gemacht werden, nachdem sie in der eigenen Seele ihre Gegengründe aus dem Felde geschlagen haben. Wenn so der Wahrheitssucher seine Überzeugung sucht, dann darf er sich sagen: Er mag getrost der Entwicklung des Geisteslebens in die Zukunft entgegengehen; denn wahr ist, was der ernste Wahrheitssucher gesagt hat: Was unwahr ist – und mag es noch so oft vorgebracht werden, es wird von dem sich fortentwickelnden Wahrheitsstreben der Menschheit hinausgeworfen werden. Das aber, was wahr ist und sein Dasein so gegenüber den Gegengründen erkämpfen muhte, wie wir es immer in bezug, auf die Vorgänge in der Weltgeschichte sehen, das findet seinen Weg in der Entwicklung der Menschheit in der ganz besonderen Weise, daß man stehen kann vor dieser Entwicklung der Wahrheit in die Jahrhunderte und Jahrtausende hinein und sagen kann: Und seien noch so viele von verdeckenden Eindrücken – d.h. Vorurteile und Widersprüche – aufgetürmt, die Wahrheit findet immer wieder Spalten und Risse, um sich zu behaupten, um sich zum Segen, zum Fortschritt und Nuten der Menschheit geltend zu machen!

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Als Ergänzung empfehle ich mein Buch "Christentum und Atheismus im Vergleich mit Okkultismus und Magie".

12. Juni 2012 / Dieter Rüggeberg / Adresse: verlag-dr.de